Saied, Ali und Moussa – so heißen die drei Geflüchteten, die am Samstag, den 25. Juli, im Rahmen eines Begegnungsworkshops im Großen Garten von ihren individuellen Fluchterfahrungen berichteten. Saied, der aus Syrien kommt, hatte zu diesem Zweck bedeutsame Ereignisse seines Lebens ausgedruckt und bat die Anwesenden, diese in die richtige zeitliche Reihenfolge zu bringen. Doch schon dies stellte einige der insgesamt 25 Teilnehmer*innen vor Herausforderungen – so sehr hat mensch sich an Schreckensnachrichten aus Syrien gewöhnt: Wann hat der Krieg in Syrien begonnen? Wie lange dauert diese menschliche Katastrophe schon an?
Die persönlichen Erfahrungen wurden von kleinen Vorträgen von Aktiven des Vereins Zeugen der Flucht e.V. eingeführt. Es wurden die häufigsten Fluchtursachen, Fluchtländer und rechtliche Hintergründe zur Asylsituation in Deutschland vorgestellt.
Anschließend begann Saied zu erzählen. Angefangen bei seiner Schulzeit, von den ersten gefallen Bomben, seinem Studium, dem Haus seiner Eltern und seinen Umzügen in Syrien. Und schließlich: von seinem Entschluss, Syrien zu verlassen. Erst in die Türkei, danach weiter nach Griechenland, über Österreich und eines Tages „spontan“ nach Deutschland, wo er schließlich in Dresden ankam.
Saieds, Alis und Moussas sind Geschichten, die noch nicht zu Ende geschrieben und erzählt sind. Es sind Leben, die einen Härtefallantrag stellen müssen, um nicht in die Kriegsheimat zurückzukehren, Leben, die im Ungewissen schweben, und Leben, die von ihrer Familie getrennt sind.
Nach den Gesprächskreisen war Raum für einen offenen Austausch bei einem kleinen Buffet da. Es kreisten viele Fragen um Fluchterfahrungen, das Ankommen in Deutschland und unterschiedliche Perspektiven auf die aktuelle Rassismusdebatte. Doch nicht nur Saied, Ali und Moussa mussten Fragen beantworten – auch die Interessierten mussten sich be- und auch hinterfragen lassen: Was ist unsere Perspektive auf das Thema Flucht und Migration? Wo taucht Rassismus im Alltag auf? Und ist der Krieg ist Syrien wirklich ein Bürgerkrieg – oder ist das lediglich ein Narrativ, das zu häufig unkritisch übernommen wird? Welche Geschichten erzählen wir uns über die Menschen, herkommen? Was davon sind mediale Stereotype und was die Wahrheit?
Schließlich stellte unsere Hochschulgruppe sich und die eigene Arbeit vor. Wir machten auf die Kampagne “Nimm Rassismus persönlich” und Urgent Actions zum Schutz von Menschenrechten weltweit aufmerksam, die zum Beispiel den effektiven Schutz der Geflüchteten in Lagern auf den griechischen Inseln vor Covid-19 fordert und die Freilassung der Iuventa-10 Crew, die 14.000 Menschen vor dem Ertrinken auf dem Mittelmeer rettete.
Der Workshop war ein voller Erfolg, zumal viele positive Rückmeldungen zu diesem besonderen Format kamen. Die HSG Amnesty International und Zeugen der Flucht e.V. stellen sich vor, weitere Workshops anzubieten.
von Moritz Piepel und Natalia Fomina
Weiterführende Informationen:
https://www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/greece-refugees-coronavirus-covid-19/
https://www.amnesty.de/kampagne-gegen-rassismus-deutschland
https://www.amnesty.de/allgemein/kampagnen/retten-verboten